Das Hoffnungswort

von Pastoralreferentin Ingrid Scholz

Datum:
Di. 14. Apr. 2020
Von:
Ingrid Scholz, Seelsorgerin in der GdG Jüchen

Liebe Mitmenschen,
ich denke immer noch, ich sei in einem schlechten Film und würde bald aufwachen.

Ingrid Scholz

Doch sie ist da, die Pandemie in einem Ausmaß, dass viele Länder weit über den Rand ihrer Möglichkeiten bringt. Ich habe tiefes Mitleid mit den Menschen zum Beispiel in Italien, in Spanien und in Südamerika, in Indien, weltweit ...., wo Menschen zutiefst alleine sind, am Existenzminimum leben und nicht das tägliche Brot haben und kein Dach über dem Kopf oder in einem vollgestopften Slum leben oder wegen der Ausgangsbeschränkungen noch nicht mal ihren Kaffee oder Tee auf der Straße verkaufen können und damit absolut nichts verdienen.

Ich zittere hier um Menschen, die in Krankenhäusern, Arztpraxen, Altenheimen... arbeiten und noch nicht einmal mehr Mundschutz oder Schutzkleidung haben. Die Infektion trifft ältere oder aber auch jüngere Menschen und kann schwere Folgen haben. Die Menschen, die sterben, können nur im engsten Kreis beerdigt werden und Abschied und die bizarre Situation überfordert uns alle. Ich bin wütend auf die, die Schutzmasken jetzt für horrende Summen anbieten. Ich bin wütend auf die Auslagerung der Produktion von Schutzausrüs-tung und Medikamenten... nach China und in andere Länder, weil immer nur „billig“ und „mehr Verdienst“ zählt.

Ich bin traurig darüber, dass manche Länder ihre Kapazitäten an Krankenhausbetten und Intensivplätzen herunterfahren mussten und dass das jetzt viele Menschenleben kostet. Und ich hoffe, dass die Politik und wir alle inklusive mir selbst hier lernen, dass es nicht nur ein „schneller“ und „weiter“ und „größer“ und „billiger“ im Leben gibt. Ich habe Angst hier um unsere 92-jährige Oma, die jetzt mit zwei Metern Abstand von uns Lebensmittelpakete nach Hause bekommt und Blumen und Schokolade. Wir haben so viel Schokolade jede Woche über viele Jahre von ihr bekommen, jetzt bekommt sie die Schokolade von uns…
Was hilft in diesen Zeiten?

Entschuldigen Sie zunächst, dass die Sonne jeden Tag wieder aufgeht.
Dass morgens und abends die Vögel zwitschern als sei nichts. Dass ich meine Lieben sehe oder höre und dass ich jetzt „Telefon-Konferenz“ kann.

Dass ich mit dem Fahrrad mal über die Felder fahren kann und die Sonne und den Wind auf der Haut spüre. Es hilft das Arbeiten am Laptop, das gemeinsame Abendessen, das Telefonieren mit Freundinnen und Freunden oder mit ArbeitskollegInnen. Und Gesellschaftsspiele helfen und machen wieder Spaß. Es hilft der Flashmob mit Musik um 18 Uhr am vergangenen Sonntag mit der „Ode an die Freude“ von Terrasse zu Terrasse oder Balkon zu Balkon oder über die Straße. Es hilft, der Freundin oder dem Kollegen in München oder sonstwo, die in Quarantäne sitzt, weil eine Kollegin oder Kollege positiv getestet wurde, eine Nachricht zu schicken. Und es hilft die Kerze im Fenster und das freie Gebet oder das Vater unser um 19.30 Uhr, wenn die Glocken läuten. Guter Gott, der Du für uns wie ein sorgender Vater und eine sorgende Mutter bist, hilf uns und stehe uns bei!
Was ich am Meisten vermisse?

Ich vermisse die Menschen. Die vermisse ich am Allermeisten! Die ungezwungenen Treffen und Planungen und Austausche mit so vielen tollen Menschen um mich herum, in der Region, im Land, den Austausch mit den Menschen anderer Länder und Religionen. Ich vermisse die Treffen mit unseren tollen Flüchtlingsfamilien, die uns im „Team Welcome“ ans Herz gewachsen sind und mit denen wir Zukunft gestalten. Viele leben im Flüchtlingsheim und haben Angst, sich in der Enge anzustecken. Ich vermisse Freundinnen und Freunde, alle Treffen bis Ende April sind abgesagt, einer hat gerade seinen 60. Geburtstag auf nächstes Jahr verschoben. "Feiere ich halt meinen 61. Geburtstag,“ hat er gesagt, „Hauptsache alle sind dabei“.

Es gibt so viele Menschen guten Willens und das wird mir gerade wieder sehr bewusst!
Gott segne Sie und uns alle und bis wir uns wiedersehen, halte Gott uns fest in seiner Hand!

Herzlich, Ingrid Scholz, Seelsorgerin in der GdG Jüchen
Rückmeldungen gerne per mail an: ingrid.scholz@bistum-aachen.de