Die Pfarrkirche St. Martinus zu Jüchen-Bedburdyck

Patronatsfest: 11. November
Kirchweihe: 17. September 1774

Betritt man die Bedburdycker Pfarrkirche durch den barocken Portalvorbau („Stessener Kapellchen“), so trifft man in der Turmkapelle zunächst auf ein eindrucksvolles Kreuz (ca. 180 cm) aus dem 16. Jahrhundert Rechts daneben ist ein schwer beschädigtes Glasmosaik von Albert Diemkes aus dem 19. Jh. zu sehen. Es war ursprünglich im Stessener Fußfall zu sehen und wurde Opfer mutwilliger Beschädigung. Das Bild zeigt die Begegnung Jesu auf dem Kreuzweg mit seiner Mutter Maria.
Gegenüber ist das Bild der „Mutter von der immerwährenden Hilfe“ zu sehen. Dieses Bild ist eine Reproduktion des Originalbildes, die 1905 in Rom gefertigt wurde. Das Originalbild befindet sich in der römischen Kirche S. Alfonso an der Via Merulana. Dort wird es seit vielen Jahrhunderten sehr verehrt. Ende des 19. Jahrhunderts fand das Bild in zahlreichen Reproduktionen weltweite Verbreitung, die seinerzeit durch Papst Pius IX. stark gefördert wurde.

Im Turm der Kirche hängen drei Glocken: Ton e aus 1634; Ton f aus 1665; Ton a aus 1958.

Das Taufbecken aus rotem Marmor mit Messingdeckel am Beginn des Mittelgangs stammt aus etwa 1800. Der romanische Taufstein der Pfarrkirche, dessen Jahreszahl 1620 wahrscheinlich die Anbringung eines Aufsatzes festhält, soll zu Anfang des 19. Jh.s bei Restaurierungsarbeiten unter dem Kirchenschiff wiedergefunden worden sein. Lange Zeit zierte er als Blumenkübel den Pfarrgarten und diente als Springbrunnen an der Friedhofstreppe; heute befindet er sich in der Heilig-Geist-Kapelle zu Aldenhoven.

Von hier aus öffnet sich der Blick in die einschiffige Saalkirche mit ihrem Spiegelgewölbe.

An der Rückwand sind vierzehn Kreuzwegstationen zu sehen – das Werk eines unbekannten Künstlers (Öl auf Holz, 20. Jh.).
Rechts findet sich an der Seitenwand des Schiffes eine Großvitrine, die den größten Schatz der Bedburdycker Kirche birgt: Das mittelalterliche Hungertuch. Seine Herstellung wird für das 15. Jh. angenommen – Nachweise hierfür fehlen jedoch. Auch ist unklar, ob das Tuch für die Bedburdycker Kirche geschaffen wurde oder auf andere Weise hierher kam. Das Tuch zeigt fein gewebte Leinenquadrate, die, schachbrettartig aufgeteilt, mit 45 fein filierten Viereckfeldern wechseln. Diese zeigen Bilder mit Tieren, Früchten und Blumen. Manche der Bilder erinnern an biblische Symbole, andere sind undeutbar. Möglicherweise entspringt die Motivwahl auch nur der Freude an der Ornamentik, die diese Zeit prägte. Die Tradition der Hungertücher reicht bis in das 9. Jh. zurück. Zweck der Tücher war die Trennung des Altarraumes vom Kirchenschiff während der Fastenzeit. Viele dieser Tücher überlebten die Zeitläufe nicht. Das Bedburdycker Tuch hat sein Überleben wahrscheinlich dem Umstand zu verdanken, dass es während des vorletzten bis zur Mitte des letzten Jahrhunderts regelmäßig Verwendung als Leichen- bzw. Sargtuch fand.
Auf der Orgelbühne steht die Orgel der Pfarrkirche. In einem Gehäuse aus 1837/39 findet sich ein Werk der Firma Kreienbrink (Osnabrück) von 1980/81. Die Orgel verfügt über 12 klingende Register auf Schleifladen mit einer mechanischen Spiel- und Registertraktur. Schon 1727 wird eine Orgel in der Bedburdycker Kirche erwähnt. Da dieses Instrument aber nicht ausreichend war, wurde 1837 ein Neubau durch die Gebrüder Schauten (Jüchen) in Auftrag gegeben. Das Gehäuse lieferte Josef Braun (Erkelenz). Orgelbauer Müller (Viersen) erweiterte das Instrument in 1885. 1905 stand eine Sanierung der Orgel durch den Orgelbauer Klais (Bonn) an. Doch auch diese Orgel war nicht lange haltbar – Ende der sechziger Jahre wurde in mehreren Gutachten die Schadhaftigkeit des Instrumentes festgestellt, sodass der Neubau 1980/81 erfolgte.

An den Wänden sind Heiligenfiguren zu sehen. Links eine farbig gefasste, barocke Darstellung des hl. Josef. In einer Nische daneben steht eine Pietá. Die lebensgroße Darstellung (Holz, Ende 19. Jh.) zeigt die Gottesmutter Maria mit ihrem toten, soeben vom Kreuz abgenommenen Sohn auf dem Schoß. Hoch an der Wand stehen die Figuren des hl. Franziskus von Assisi und des hl. Sebastian (Stiftung der St. Sebastianus-Bruderschaft). Gegenüber eine Darstellung des hl. Antonius von Padua (Vermächtnis des Oberrentmeisters Michael Hannen). Die letzten drei je etwa 150 cm großen Figuren sind aus Terracotta gefertigt und stammen aus dem 19. Jh.

Zwischen Hungertuch und hl. Antonius hängt das sehr qualitätvolle Bild „Christus vor Pilatus“ eines unbekannten Künstlers aus dem 16. Jh.

Der Altarraum wird von einer durchkomponierten, dreiteiligen, kulissenartig angeordneten Altaranlage geprägt. Der Hochaltar kam vier Jahre nach der Kirchweihe um 1778 (Jahreszahl im oberen Teil dargestellt) in die Kirche. In seiner Form- und Farbgebung ist er eindeutig dem Rokoko zuzuordnen und stellt, gemeinsam mit den beiden Seitenaltären, den Beichtstühlen und der Kanzel, in dieser Geschlossenheit für den Niederrhein eine höchst seltene Ausnahme dar. Er zeigt als Hauptdarstellung in der Mitte den Pfarrpatron, den hl. Martin, mit dem Bettler aus der bekannten Martinslegende. Im oberen Teil schwebt die Geisttaube in einem filigranen, goldenen Gitterwerk. Bekrönt wird der Altar von einem „Auge Gottes“, das, auf einem Stern angebracht, in einem Dreieck gezeigt wird. Letzteres symbolisiert die heiligste Dreifaltigkeit (Gott Vater, Gott Sohn, Gott Heiliger Geist).
1780 wurden die beiden Seitenaltäre vom fürstlichen Haus gestiftet; darauf weisen die bekrönenden Wappen derer von Salm-Reifferscheidt-Dyck hin. Der linke Seitenaltar zeigt die Gottesmutter mit dem Jesuskind, darüber eine Statue der hl. Katharina. Der rechte Seitenaltar zeigt den hl. Nikolaus (unten) und den hl. Matthias (oben). Die Frage, wie eine niederrheinische Dorfkirche zu einer solch reichen Rokkoko-Ausstattung kommt, ist leicht zu beantworten: Künstler aus dem Umkreis der Kurkölner Höfe von Bonn und Brühl wurden aufgrund der Beziehungen des Hauses Salm-Reifferscheidt-Dyck dorthin mit der Ausstattung der Kirche beauftragt.

In der Sakristei gibt es einen reich verzierten Sakristeischrank, wahrscheinlich aus dem 18. Jh..

Die Pfarrkirche ist nach wiederholten Einbrüchen relativ arm an alten Paramenten.

Empfehlenswert ist für Besucher der Kirche auch ein Gang über den Friedhof, dessen Wege von etwa 180 Grabkreuzen des 17. und 18. Jahrhunderts gesäumt sind, deren ältestes datierbare auf das Jahr 1627 zurückgeht

Kirche St. Martin Bedburdyck

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