Credo

2.6 - Jesus, gelitten unter Pontius Pilatus

Pilatus (c) Pfarrbriefservice.de
Datum:
Fr. 1. Sep. 2023
Von:
Christoph Berthold

Zur falschen Zeit am falschen Ort – wer kennt das nicht? 

Fast könnte man sagen, genauso ist es dem armen Pontius Pilatus in der Bibel und im Credo gegangen. Natürlich war Pilatus nicht arm – sondern eher reich und privilegiert, in Amt und Würden mit Macht ausgestattet.

Doch – war es nur Pilatus, der Jesus an`s Kreuz gebracht hat? War es nicht genauso Judas mit seinem Verrat? Oder Petrus, der seinen Herrn verleugnet hat? Doch nicht den Juden oder Judas oder Petrus widerfuhr es, in`s Credo zu kommen, sondern dem römischen Richter und Statthalter Pilatus. Ein eher mittelmäßiger Mensch – zu schwach zum Guten wie Bösen, ein Fähnchen im Wind, einer wie Du und Ich.

Als Sündenbock, als Alibi, eignet er sich nicht. 99% aller Menschen hätten vermutlich nicht anders gehandelt. Eine saubere Beweisaufnahme ohne glasklare Schuldeinsicht – aufgrund derer er mit gewisser Zivilcourage versucht, Jesus freizusprechen. Nur die Verhältnisse waren ungünstig. Ein aufgebrachter Mob stand dagegen.

Doch ist genau das der wunde Punkt: Jesus kam nicht durch die Bosheit der Bösen an`s Kreuz, sondern durch die Schwäche der Guten. So kannst du im Credo durchaus zuhause den Namen Pilatus durch deinen eigenen ersetzen. Du und ich – sind wir so ganz anders als Pilatus? Angepasste Mittelmäßigkeit, fehlende Zivilcourage, Bequemlichkeit, kleine und große Schuldgeschichten…was auch immer – wir haben keinen Grund, mit Fingern auf das Versagen anderer zu deuten.

Aber ich bin doch kein schlechter Mensch, ich tue doch keinem was Böses, ich hab doch gar nicht anders gekonnt…und was alles man so an Entschuldigungen finden kann. Nur: Menschwerdung ist keine Frage der Vergangenheit. Menschwerdung passiert durch dich und mich:

„Was ihr dem Geringsten meiner Brüder und Schwestern getan hab, das habt ihr mir getan!“ (Mattäus 25,40, aus: Bibel - Einheitsübersetzung)

 

Gott ist nun einmal in Menschen zu finden, sagt Jesus. Heißt: jeder Mensch hat Würde, trägt eine Gottesfunken in sich – egal ob ungeboren oder alt, schön oder hässlich, krank oder gesund… Menschenwürde ist nicht verhandelbar, aberkennbar.

Wie werden Menschen behandelt?

Wie richten wir über Menschen?

Wo sind wir Judas, Petrus, Pilatus?

 

Das Glaubensbekenntnis erinnert hier daran, wie Menschen zu Unmenschen werden können, wenn sie die eigene Schuldverstrickung leugnen, es sich bequem machen, nur ihre Pflicht tun und die „Hände in Unschuld waschen“.

 

Gebet/Meditation/Impuls:

Bitte Gott um die Erkenntnis,

wo du „deine Hände in Unschuld wäschst“

und um Wege, mehr Mitmensch zu werden.